Delegiertenversammlung November 2024 „Ihr könnt jetzt nicht in den Winterschlaf“ …

Auf der Delegiertenkonferenz Ende November diskutierten Aktive mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

29. November 2024 29. November 2024


Stellenabbau und Standortschließungen drohen, die Politik reagiert schwerfällig. Auf der Delegiertenkonferenz Ende November diskutierten Aktive der IG Metall Duisburg-Dinslaken mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und forderten rasche Entscheidungen – noch vor den Neuwahlen im Februar.

Als Vertreterin der Bundespolitik musste sich Bärbel Bas so Einiges anhören: Die Parteien beschäftigten sich zu sehr mit sich selbst, Entscheidungen würden aufgeschoben, und Regierungspolitiker redeten viel, aber handelten selten. So lauteten nur einige der vielen Vorwürfe. Mit ernster Miene erduldete die SPD-Abgeordnete und Bundestagspräsidentin die Klagen der Delegierten Ende November in Duisburg zunächst. Bas gilt im politischen Berlin als Interessenvertreterin der Arbeitnehmer. 

Doch zum Ende der Podiumsdiskussion ergriff die gebürtige Duisburgerin entschieden das Wort. Ihre Botschaft an die rund 100 Delegierten: Nach dem Scheitern der Ampelregierung ginge es im Bund nun um die Frage, ob Deutschland weiterhin Industrieland sein will. Die IG Metall sei gut beraten, ab sofort Druck auszuüben. Denn gerade jetzt müsse sich im Hinblick auf Neuwahlen jeder Bundestagskandidat industriepolitisch positionieren. Parteien indes stünden in der Pflicht zu beweisen, dass sie parteiübergreifende Kompromisse schließen können.

Delegiertenversammlung November 24 Markus Grolms Delegiertenversammlung November 24 Markus Grolms

Doch ausgerechnet dies ist bislang in den Augen vieler zu selten gelungen. Mittlerweile dränge die Zeit, wenn Deutschland als Industrieland erhalten bleiben soll. Darauf wiesen die Diskussionsteilnehmer auf dem Podium einhellig hin. „Wir haben keine Zeit, auf die Neuwahl zu warten, wir brauchen jetzt Entscheidungen von der Politik für einen Industriestrompreis”, sagte etwa Markus Grolms vom Funktionsbereich Industrie- und Branchenpolitik beim IG Metall Vorstand in Frankfurt und ehemaliger Arbeitsdirektor von Thyssenkrupp Steel. 

 

Und an Bärbel Bas gerichtet: „Ihr könnt jetzt nicht in den Winterschlaf.” Grolms forderte zudem eine Auflösung der Schuldenbremse, um mehr staatliche Investitionen zu ermöglichen.

Von frischen Finanzmitteln will auch Autobauer Ford profitieren. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka war zu Besuch in Duisburg und verlangte vom Staat Kaufprämien für E-Autos. Sie könnten dabei helfen, zwei Standorte in Köln zu retten. 2900 Stellen sollen dort nach dem Willen des Arbeitgebers wegfallen. Gruschka macht für das Desaster neben der Politik auch Manager verantwortlich. Sie hätten die Entwicklung verschlafen. „Am Ende müssen immer die Beschäftigten bluten.” Ford sei dabei in der Autoindustrie kein Einzelfall. 

Die Krise der Fahrzeughersteller ist eng verknüpft mit der prekären Lage bei Thyssenkrupp Steel und anderen deutschen Stahlunternehmen. „Wenn die Autoindustrie hustet, bekommen wir bei Thyssenkrupp eine Lungenentzündung”, beschrieb Tekin Nasikkol die Abhängigkeit der Essener von der Autobranche. 11.000 Stellen will Konzernchef López in der Stahlsparte streichen. 

Auch Nasikkol untermauerte die Notwendigkeit, noch vor Neuwahlen zu einem Industriestrompreis zu gelangen. Bärbel Bas nahm den Ball auf. Sie ermuntere die Delegierten, auf ihren Forderungen zu beharren. „Unterschätzt Eure Kraft nicht. Ihr werdet in Berlin gehört”, rief sie in die Versammlung. Das bleibt zu hoffen.